Hallo liebe Rot-Weisse,
im Schatten der denkwürdigen Mitgliederversammlung vom 25.06.2023 wenden wir uns an euch. An dieser Stelle sei klargestellt: Wer hier einen sinnlosen Rundumschlag erwartet, der wird enttäuscht werden. Vielmehr geht es nun darum, alle Kräfte zu vereinen, um unseren Verein wieder in die Spur zu bringen.
Die Mitgliederversammlung als Schlag ins Gesicht für alle Rot-Weissen
Ohne Böses zu ahnen, sind wir am vorletzten Sonntag – wie viele andere Mitglieder unseres geliebten Vereines – Richtung Messe gefahren, um der Mitgliederversammlung von Rot-Weiss Essen beizuwohnen. Soweit so unspektakulär könnte man denken, doch es wartete eine böse Überraschung auf uns. Als Marcus Uhlig zur Bühne schritt, kündigte er bereits an, diesmal länger zu brauchen und schlechte Nachrichten im Gepäck zu haben. Doch zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, welch erschreckende Zahlen Uhlig präsentieren sollte. Als dann die Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2022 auf der Leinwand erschien und ein Minus von über 3,6 Mio Euro verkündet wurde, war den Mitgliedern im Saal der Schock anzumerken. In Anbetracht dieser präsentierten Zahlen fühlten wir uns schlagartig in die Vorinsolvenzzeit zurückversetzt und fragten uns einfach nur, wie dieses Ergebnis zu Stande kommen konnte.
Katastrophale Buchführung
Die Antworten, die unsere Verantwortlichen auf diese Frage gaben, waren fast noch schockierender als das eigentliche Ergebnis. Laut Uhlig und Helf sei der Fehlbetrag erst im November aufgefallen, als die langjährige Buchhalterin den Verein verlassen habe und Sascha Peljhan sich ehrenamtlich die Buchführung anschaute.
Die deutliche Verfehlung der wirtschaftlichen Ziele begründete Uhlig neben der bekannten Harfid Pleite mit einer fest eingeplanten Spende für das Nachwuchsleistungszentrum, die ausblieb, den Umzug der Geschäftsstelle, höhere Personalkosten (u.a. durch eine gezahlte Aufstiegsprämie), erhöhte Sicherheitskosten in Liga 3 und Strafzahlungen an den DFB.
Folgende Fragen stellen sich uns nach den Ausführungen auf der JHV:
• Wie kann es einen Vorstandsvorsitzenden nicht auffallen, dass man 3,2 Mio. Euro von der Planung abweicht?
• Gibt es keine internen Kontrollen im Verein bzw. der Buchhaltung?
• Wie wäre das Ergebnis ausgefallen, wenn nicht 3.000 Zuschauer im Schnitt überplanmäßig im Stadion gewesen wären? Dieselbe Frage ist auszuwerfen, bezüglich des enormen Mitgliederzuwachses und der Transfererlöse aus dem Heber-Transfer in der Winterpause.
• Wie wäre das Ergebnis ausgefallen, wenn die Mannschaft sogar noch Erfolg gehabt hätte und Punktprämien hätten ausgezahlt werden müssen? Wäre dann die 4 Mio. Euro Grenze überschritten worden?
• Wie konnte man ernsthaft davon ausgehen, dass die Firma Harfid, die für ihre schlechte Zahlungsmoral bekannt war, ihren Verpflichtungen nachkommen würde?
• Wie kommt man auf die Idee, eine in Aussicht gestellte Spende fest einzuplanen?
• Wie kann man eine Aufstiegsprämie nicht einkalkulieren, wenn man den Aufstieg als Saisonziel ausgibt und wie konnten die Personalkosten so explodieren?
• Wie konnte man die erhöhten Sicherheitskosten in Liga 3 nicht mit einkalkulieren?
• Wie kann man sich beim Umzug der Geschäftsstelle so verkalkulieren?
• Warum wurde der Aufsichtsrat erst so spät informiert?
• Warum ist der Aufsichtsrat seiner Kontrollfunktion nicht nachgekommen?
• Warum schwieg der Fanvertreter im Aufsichtsrat?
Wenn man sich diese offenen Fragen einmal auf der Zunge zergehen lässt, dann wird einem schnell klar, dass der Verein überhaupt nicht auf die 3.Liga vorbereitet war und finanziell ein katastrophales Bild abgibt.
In einem offenen Brief hat Marcus Uhlig dann am 28.06.2023 einige Erklärungen abgegeben, die jedoch keineswegs zufriedenstellend waren. Auch eine langfristige Verschuldung hat überhaupt nichts Positives. Auch eine langfristige Verschuldung wird irgendwann zurückgezahlt werden müssen. Es handelt sich schlicht und ergreifend ebenfalls um Schulden. Wenn er nunmehr ausführt, dass es kein internes Controlling gegeben hat, dies aber nunmehr eingeführt werden soll, so ist festzustellen, dass das fehlende Controlling explizit in der Verantwortung des Geschäftsführers liegt. Entsprechend liegt auch das „unerwartbare“ Ergebnis in seiner Verantwortung. Dieses „unerwartbare“ Ergebnis kann auch keineswegs durch die geopolitische Lage oder die Inflation begründet werden. Dazu ist es zu desaströs.
Erster Tabubruch nach überstandener Insolvenz
In unserem Verein war es bisher nach der abgeschlossenen Insolvenz im Jahr 2011 Usus, nur noch mit Geldern zu planen und die Gelder auszugeben, die wirklich da sind. Folglich fragen wir uns, wie die handelnden Personen im Verein auf die Idee kommen konnten, diese imaginäre Brandmauer zu überschreiten. Hier wurde aus unserer Sicht klar gegen den Willen der Mitgliedschaft gehandelt und diese Handlungen sind absolut inakzeptabel. Sie führen dazu, dass wir uns als Mitglieder zum Handeln gezwungen sehen. Als Mitglieder haben wir die Möglichkeit über die Mitgliederversammlung aktiv Einfluss auf den Aufsichtsrat und damit auf dem Verein zu nehmen. Jetzt ist es an der Zeit für uns Mitglieder diesen Einfluss geltend zu machen!
Geordneter Übergang statt Tabula rasa
Klar ist trotz aller Wut und Enttäuschung: Es bringt nichts die handelnden Personen im operativen Geschäft, die dieses Ergebnis zu verantworten haben und den Aufsichtsrat, der seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen ist, ohne Alternativen ihrer Ämter zu entheben. Hier kommt nun ein Gremium ins Spiel, welches normalerweise im Verein eine untergeordnete Rolle spielt, nämlich der Wahlausschuss. Der Wahlausschuss schlägt der Mitgliederversammlung Kandidaten für den Aufsichtsrat vor. Diesen Wahlausschuss rufen wir nun auf, bis zur angekündigten außerordentlichen Mitgliederversammlung neue Kandidaten für den Aufsichtsrat zu finden. Unerlässlich hierfür ist es aus unserer Sicht, dass es wirklich eine Wahl für den Aufsichtsrat gibt und nicht wie in den vergangenen Jahren nur so viele Kandidaten vorgeschlagen werden, wie es Plätze gibt.
Damit überhaupt eine außerordentliche Aufsichtsratswahl auf der nächsten Mitgliederversammlung möglich ist, fordern wir die derzeitigen Aufsichtsratsmitglieder auf, ihre Ämter geschlossen zur außerordentlichen Mitgliederversammlung aufzugeben. Sollte der aktuelle Aufsichtsrat dieser Bitte nicht nachkommen, sehen wir uns dazu gezwungen, einen Abwahlantrag zu stellen. Einen solchen Abwahlantrag werden wir parallel zu dieser Stellungnahme vorbereiten und hoffen, dass dieser nicht notwendig sein wird.
Schließlich fordern wir die Fan- und Förderabteilung (FFA) auf, auch das Verhalten des von ihr entsandten Fanvertreters im Aufsichtsrat kritisch zu überdenken und gegebenenfalls die notwendigen Schritte einzuleiten.
Gemeinsam in die Zukunft, gemeinsam zum Klassenerhalt
Klar ist für uns, dass Veränderungen im Aufsichtsrat unerlässlich sind. Hier sind auch wir Mitglieder in der Pflicht, den Wahlausschuss bei der Suche nach potenziellen Aufsichtsratskandidaten zu unterstützen. Die Prognose, dass uns dieses Thema die nächsten Wochen und Monate begleiten und immer wieder für Unruhe sorgen wird, dürfte niemanden überraschen. Umso wichtiger ist es, die Mannschaft in den nächsten Monaten noch bedingungsloser zu unterstützen sowie ihnen die volle Rückendeckung zu geben.
…aber eins, das bleibt bestehen, Rot-Weiss Essen wird nie untergehen!